„Kommen
Sie doch an meinen Tisch, Frau Bergmann. Wir sollten mal wieder eine Tasse
Kaffee zusammen trinken.“
Ruth war heruntergekommen, um noch einmal ein Eis zu essen und nahm das Angebot von Gudrun Kolb dankend an. Es war wie immer an Samstagen sehr belebt hier unten. Verwandte machten Besuche, gern oder weniger gern – man konnte es an ihren Gesichtern und der Sitzhaltung ablesen. Immer noch war es Sommer draußen vor den großen Fenstern der Cafeteria, ein leichter Blumenduft zog durch ein Oberlicht herein. Ruth blickte heute leider nicht aus dem Fenster, sondern auf die Wand, an der die kleine Bar eingerichtet war. Durch die Tür daneben gingen die Serviererinnen ein und aus und ließen sich an der Kuchentheke rechts davon die Tortenteller für ihre Bestellungen fertigmachen.
„Ich möchte meine Einladung, in unseren Kreis zu kommen, gern wiederholen. Es ist immer interessant, auch wenn wir nur ganz selten einmal eine Séance abhalten. Mit dem Gedanken daran habe ich Sie leider abgeschreckt. Aber wir haben auch andere Themen.“ Frau Kolb lächelte und blickte in den Garten hinaus. „Sie wissen sicher, dass die Magie die älteste Form der Religion der Menschen ist.“ Oh nein.
„Mit Magie habe ich mich noch nie befasst, außer dass ich ab und zu an Holz klopfe, wenn ich etwas verhindern will.“
Ruth war heruntergekommen, um noch einmal ein Eis zu essen und nahm das Angebot von Gudrun Kolb dankend an. Es war wie immer an Samstagen sehr belebt hier unten. Verwandte machten Besuche, gern oder weniger gern – man konnte es an ihren Gesichtern und der Sitzhaltung ablesen. Immer noch war es Sommer draußen vor den großen Fenstern der Cafeteria, ein leichter Blumenduft zog durch ein Oberlicht herein. Ruth blickte heute leider nicht aus dem Fenster, sondern auf die Wand, an der die kleine Bar eingerichtet war. Durch die Tür daneben gingen die Serviererinnen ein und aus und ließen sich an der Kuchentheke rechts davon die Tortenteller für ihre Bestellungen fertigmachen.
„Ich möchte meine Einladung, in unseren Kreis zu kommen, gern wiederholen. Es ist immer interessant, auch wenn wir nur ganz selten einmal eine Séance abhalten. Mit dem Gedanken daran habe ich Sie leider abgeschreckt. Aber wir haben auch andere Themen.“ Frau Kolb lächelte und blickte in den Garten hinaus. „Sie wissen sicher, dass die Magie die älteste Form der Religion der Menschen ist.“ Oh nein.
„Mit Magie habe ich mich noch nie befasst, außer dass ich ab und zu an Holz klopfe, wenn ich etwas verhindern will.“
Gudrun Kolb lachte jetzt laut und
sagte: „Den Zusammenhang kennen Sie also.“ Ihre braunen Augen blitzten, sie war
bei ihrem Lieblingsthema, das war deutlich. „Ich bin zu diesen Themen gekommen
nach einem schweren Schicksalsschlag, der mich völlig aus meinen Lebenszusammenhängen
gerissen hat. Ich saß enttäuscht da und suchte nach etwas Sinnvollem, mit dem
ich mich beschäftigen könnte. Damals begann die Zeit, in der alle Welt von
Esoterik zu sprechen anfing, als man überall Seminare dazu veranstaltete.“
Ruth war diesen Versuchungen nie erlegen, dazu war sie zu nüchtern und zu skeptisch. Gudrun fuhr fort: „Wir beschäftigen uns zurzeit mit Themen der Vorgeschichte, einer Zeit, in der es noch keine Götter gab, sondern magische Kräfte für alles verantwortlich gemacht wurden. Erfreulicherweise haben wir das Internet zur Verfügung. Sowohl Bilder als auch Texte.“
Das Loblied auf das Internet erfreute Ruth natürlich und sie ergriff die Gelegenheit, erst einmal vom Thema Magie wegzukommen.
„Da haben Sie Recht, ich suche meine Informationen auch im Netz. Ich beschäftige mich gerade mit dem Thema SED.“
„SED?“
„Ja, Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Bitte wundern Sie sich nicht, ich versuche herauszufinden, was unsere Weimarer Bekannten mit Frau Molenbeck verbunden haben könnte. Die Verdächtige in Weimar ist eine Jugendfreundin von Molenbeck.“
„Warum wollen Sie das denn wissen? Der Fall ist doch klar, diese Jugendfreundin …“
„… war vielleicht gar nicht die Täterin.“
„Ach, meinen Sie? Von ihrer Vergangenheit in Weimar hat Gloria nicht viel erzählt.“ Gudrun Kolb lehnte sich nach vorn, sah Ruth an und fuhr fort: „Schade, dass Sie sich nicht für meine Themen interessieren. Ich bin noch ganz begeistert von meinem Besuch im Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar. Was ich da alles gesehen habe. Das ist ein Fundus aus frühen Sammlerbeständen, dann aus Ausgrabungen in der Zeit der DDR und auch aus den letzten fünfundzwanzig Jahren. Mitteldeutschland hat so vieles an alten Stätten zu bieten.“ Gudrun Kolb hatte ganz strahlende Augen bekommen, so sehr war sie in ihrem Element. „Gerade das Weimarer Land ist reich daran: Jungsteinzeit, Bronze- und Eisenzeit – ich gerate ins Schwärmen. Ich habe mir genug Unterlagen mitgebracht, über die wir auch schon gesprochen haben.“
Ruth war diesen Versuchungen nie erlegen, dazu war sie zu nüchtern und zu skeptisch. Gudrun fuhr fort: „Wir beschäftigen uns zurzeit mit Themen der Vorgeschichte, einer Zeit, in der es noch keine Götter gab, sondern magische Kräfte für alles verantwortlich gemacht wurden. Erfreulicherweise haben wir das Internet zur Verfügung. Sowohl Bilder als auch Texte.“
Das Loblied auf das Internet erfreute Ruth natürlich und sie ergriff die Gelegenheit, erst einmal vom Thema Magie wegzukommen.
„Da haben Sie Recht, ich suche meine Informationen auch im Netz. Ich beschäftige mich gerade mit dem Thema SED.“
„SED?“
„Ja, Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Bitte wundern Sie sich nicht, ich versuche herauszufinden, was unsere Weimarer Bekannten mit Frau Molenbeck verbunden haben könnte. Die Verdächtige in Weimar ist eine Jugendfreundin von Molenbeck.“
„Warum wollen Sie das denn wissen? Der Fall ist doch klar, diese Jugendfreundin …“
„… war vielleicht gar nicht die Täterin.“
„Ach, meinen Sie? Von ihrer Vergangenheit in Weimar hat Gloria nicht viel erzählt.“ Gudrun Kolb lehnte sich nach vorn, sah Ruth an und fuhr fort: „Schade, dass Sie sich nicht für meine Themen interessieren. Ich bin noch ganz begeistert von meinem Besuch im Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar. Was ich da alles gesehen habe. Das ist ein Fundus aus frühen Sammlerbeständen, dann aus Ausgrabungen in der Zeit der DDR und auch aus den letzten fünfundzwanzig Jahren. Mitteldeutschland hat so vieles an alten Stätten zu bieten.“ Gudrun Kolb hatte ganz strahlende Augen bekommen, so sehr war sie in ihrem Element. „Gerade das Weimarer Land ist reich daran: Jungsteinzeit, Bronze- und Eisenzeit – ich gerate ins Schwärmen. Ich habe mir genug Unterlagen mitgebracht, über die wir auch schon gesprochen haben.“
Ruth fand das sehr
sympathisch, konnte aber nicht mitschwärmen.
„Bei mir beginnt die Geschichte bei den alten Römern, das ist etwas Handfestes. Meine Freundin Eveline und ich waren natürlich in Weimar unterwegs, allerdings mehr auf den Spuren von Goethe. Sehr beeindruckt hat uns das Schlösschen Tiefurt. Diese schöne Einfachheit. Und dabei war es ein Fürstenhof.“
„Wie geht es denn Ihrer Freundin? Ich habe gehört, dass sie gestürzt ist. Das kommt ja leider sehr häufig vor hier im Haus – unser Alter eben. Was sagt sie denn, wie es passiert ist?“ Gudrun Kolb schien ehrlich interessiert, aber Ruth hatte Hemmungen, vor ihr das Wort „Hexen“ zu äußern. Zum Thema Weimarer Vergangenheit konnte sie jedoch nicht zurückfinden. Also jetzt zu ihrer Freundin Eveline.
„Wir wissen es nicht, sie wurde ins Koma gelegt, vorsichtshalber.“
„Ach“, war Gudrun Kolbs kurze Antwort. Sie schien erleichtert, vielleicht wollte sie nichts Negatives hören. Denn das prasselte ohnehin von allen Seiten auf die Bewohner des Hauses am Kirchberg nieder, dachte Ruth. Draußen war die Welt aus den Fugen geraten. Die Fernsehnachrichten brachten vielen Bewohnern Erinnerungen aus der Jugendzeit zurück: Flugzeuge, Bomben, Trümmer. Und denen, die aus dem Osten stammten: Flüchtlingszüge.
„Bei mir beginnt die Geschichte bei den alten Römern, das ist etwas Handfestes. Meine Freundin Eveline und ich waren natürlich in Weimar unterwegs, allerdings mehr auf den Spuren von Goethe. Sehr beeindruckt hat uns das Schlösschen Tiefurt. Diese schöne Einfachheit. Und dabei war es ein Fürstenhof.“
„Wie geht es denn Ihrer Freundin? Ich habe gehört, dass sie gestürzt ist. Das kommt ja leider sehr häufig vor hier im Haus – unser Alter eben. Was sagt sie denn, wie es passiert ist?“ Gudrun Kolb schien ehrlich interessiert, aber Ruth hatte Hemmungen, vor ihr das Wort „Hexen“ zu äußern. Zum Thema Weimarer Vergangenheit konnte sie jedoch nicht zurückfinden. Also jetzt zu ihrer Freundin Eveline.
„Wir wissen es nicht, sie wurde ins Koma gelegt, vorsichtshalber.“
„Ach“, war Gudrun Kolbs kurze Antwort. Sie schien erleichtert, vielleicht wollte sie nichts Negatives hören. Denn das prasselte ohnehin von allen Seiten auf die Bewohner des Hauses am Kirchberg nieder, dachte Ruth. Draußen war die Welt aus den Fugen geraten. Die Fernsehnachrichten brachten vielen Bewohnern Erinnerungen aus der Jugendzeit zurück: Flugzeuge, Bomben, Trümmer. Und denen, die aus dem Osten stammten: Flüchtlingszüge.
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